Ist meine Publikation Q1? und andere Fragen rund um IF und WoS
Inhalt
Was ist der Journal Impact Faktor?
Wie finde ich heraus ob meine Publikation Q1 ist?
Welche Rolle spielen bibliometrische Kenngrößen wie der Journal Impact Faktor?
Wie wird der IF an der Medizinischen Fakultät derzeit verwendet?
In verschiedenen Kontexten kommen an der medizinischen Fakultät bibliometrische Kennzahlen rund um den Journal Impact Faktor (JIF oder kurz IF) zum Einsatz. Beispielsweise geht der IF in das Bonusprogramm der Fakultät und verschiedene Berichte ein und in bestimmten Kontexten, - wie etwa einigen fakultären Förderprogrammen - ist eine Q1-Publikation erforderlich, d.h. eine Erstautorenschaft in einem Journal, welches im jeweiligen Publikationsjahr in den Top 25% des IF-Rankings der Journale in der jeweiligen Fachkategorie lag. Hier finden Sie Antworten auf einige Fragen rund um diese Publikationsmetrik.
Was ist der Journal Impact Faktor?
Der Journal Impact Faktor ist eine von Clarivate Analytics im Rahmen des Journal Citation Reports (JCR) bereitgestellte Kennzahl für wissenschaftliche Fachzeitschriften, die im SCIE gelistet sind. Sie wird jahrweise aus der Zahl der dort veröffentlichten zitierbaren Artikel der beiden Vorjahre und den gezählten Zitationen derselben im jeweiligen Berichtsjahr berechnet. Bis zum JCR 2021 wurde der Impact Faktor üblicherweise mit drei Dezimalstellen angegeben, seit dem Berichtsjahr 2022 wird nur noch eine Nachkommastelle angegeben.
Wie finde ich heraus ob meine Publikation Q1 ist?
Um zu prüfen, ob Ihre Publikation eine Q1-Publikation (d.h. in einem Q1-Journal publiziert) ist, rufen Sie zunächst das Web of Science aus dem Hausnetz auf. (Bitte nutzen Sie keine Googlesuchen z.B. nach dem Schema "[Journalname] Q1", da diese häufig widersprüchliche oder falsche Ergebnisse liefern und manche Websiten sich auf andere z.T. sogar fingierte Metriken beziehen). Oben rechts unter "Products" finden Sie den "Journal Citation Report". Rufen Sie diesen auf und suchen Sie über die Freitextsuche über den Namen oder die ISSN nach dem jeweiligen Journal. Alternativ können Sie dieses auch über den Kategorienbaum auswählen.
Auf der Journalseite sehen Sie rechts in der Infobox die Fachkategorien (Categories), denen das Journal zugeordnet ist - bei manchen Journalen sind dies mehrere Kategorien und es reicht, wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, wenn das Journal in einer dieser Kategorien Q1 ist. Klicken Sie diese an, erhalten Sie eine Tabellenansicht, welche Sie rechts über den Button "Customize" konfigurieren können. Wählen Sie hier insbesondere "JIF Quartile" aus (nicht zu verwechseln mit "JCI Quartile"), falls dieses nicht ohnehin schon angezeigt wird. Auf der linken Seite wählen Sie über Filter und "JCR Year" das Erscheinungsjahr der zu prüfenden Publikation aus.
Nun können Sie der Tabelle entnehmen in welches JIF Quartil das jeweilige Journal gehört und welche Journale der Kategorie im ausgwählten Jahr Q1 sind bzw. waren.
Welche Rolle spielen bibliometrische Kenngrößen wie der Journal Impact Faktor?
Der Impact-Faktor spielt in verschiedenen Auswertungen nach wie vor eine große Rolle, da er z.B. eine einfach Methode liefert Journale einer bestimmten Fachrichtung zu ranken und gut aggregierbar ist. Aus diesem Grund hat er besonders in der quantitativen Bewertung medizinischer Forschung ein erhebliches Gewicht.
Gleichzeitig werden der Impact-Faktor und die (umfassende bzw. isolierte oder unreflektierte) Verwendung quantitativer Publikationsmaße insgesamt häufig scharf kritisiert (siehe unten).
Dementsprechend wird verstärkt ein verantwortlicher, gemäßigter und mit qualitativen Bewertungen ergänzter bzw. kontextualisierter Gebrauch von quantitativen Publikationsmaßen gefordert. Zentral sind hier beispielsweise das Leiden-Manifest (2015), die San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA), die Helsinki-Initiative (2019) oder das RRA-Agreement (2022). Auch die DFG hat in einem Positionspapier (2022) kritisch Stellung genommen und die von der DFG vorgeschriebene CV-Vorlage sieht ausdrücklich keinen Bezug auf derartige Kennzahlen vor.
Derzeit gibt es in vielen Bereichen noch keine gute Alternative zur Verwendung des IFs oder anderer bibliometrischer Kennzahlen, allerdings werden unterschiedliche Akteure der Wissenschaft - sowohl Forschende selbst, als auch Fördergeber oder Fakultäten - verstärkt aufgefordert Ihre Verwendung solcher Metriken kritisch zu prüfen und es ist derzeit zu vermuten, dass dir Bedeutung der Kennzahl in Zukunft eher zurückgehen wird.
Zu den Hauptkritikpunkten am IF gehören beispielsweise
- Intransparenz (Kriterien der Journalauswahl und Bestimmung der Zitationszahlen und citable items sind nicht überprüfbar)
- Fehlende Eignung als Maßzahl (Hoher Anteil der relevanten Zitationen entfällt oft auf geringen Teil der Publikationen, so dass der Mittelwert wenig Aussagekraft besitzt)
- Manipulierbarkeit (z.B. durch hohe Zahl an Selbstzitationen)
- Eingeschränkte Fachspezifität und Vormachtstellung englischsprachiger Literatur (Fachunterschiede z.B. in der Zitationskultur werden nicht abgebildet und können in Anwendungen oft nur eingeschränkt berücksichtigt werden. Felder in denen aus fachspezifischen Gründen häufig landessprachlich publiziert wird sind schlechter repräsentiert)
Ähnlicher Kritik sehen sich auch andere bibliometrische Metriken wie der personenbezogene h-Index ausgesetzt.
Wie wird der IF an der Medizinischen Fakultät derzeit verwendet?
Der IF wird an der Medizinischen Fakultät an unterschiedlichen Stellen zur Leistungsbewertung und Mittelallokation verwendet. Insbesondere:
- Aggregierte und gewichtete IF-Werte werden im Bonusprogramm der Fakultät verwendet, um die verfügbaren Mittel indikatorbasiert auf die Einreichtungen zu verteilen.
In einigen intramuralen Fördermaßnahmen sind Q1-Publikationen Voraussetzung für eine Förderung. In Habilitationsverfahren sind Publikationen, die bestimmte IF-basierte Kriterien erfüllen, Zulassungsvoraussetzung.
- In Promotionsverfahren geht eine auf dem Impactfaktor basierende feldgewichtete Kennzahl in die Bewertung ein.
In allen Anwendungsfällen sind IF-basierte Kriterien nur eines unter mehreren, die in Bewertung eingehen - mit Ausnahme des Bonusprogramms gehören hierzu auch immer qualitative Kriterien. Die verschiedenen Verwendungen des IFs werden regelmäßig und anlassbezogen von den jeweils zuständigen Kommissionen geprüft.
Darüber hinaus gibt es an der medizinischen Fakultät weitere Maßnahmen der Wissenschaftsbewertung, die explizit qualitativ und ohne Bezugnahme auf den Impact Faktor sind wie das Paper of the Month-Programm oder den Aachener Tierschutzpreis.
Welche Alternativen gibt es?
Natürlich gibt es zahlreiche Variationen des IFs oder vergleichbare Kennzahlen von anderen Anbietern, die jedoch ähnlichen Kritikpunkten ausgesetzt sind, wie der IF selbst. Eine mögliche Alternative bzw. Ergänzung für die Einschätzung der (Entwicklung der) Publikationsleistung von Einzelpersonen bilden aber die im Web of Science in den Autor*innenprofilen verfügbaren Beamplots.
Hierbei handelt es sich nicht nur um einzelne Kennzahlen sondern um ein etwas umfangreicheres Publikationsprofil, welches helfen kann einen schnellen Überblick über die Publikationshistorie (Artikel und Reviews) zu erhalten. Hier finden sich alle dem jeweiligen Autor*innenprofil zugeordneten Publikationen aus dem Web of Science, nach Jahr und Zitationsperzentil geordnet - Publikationen, die sich auf der rechten Seite des jeweiligen Zeitstrahls befinden, sind verglichen mit anderen Publikationen des selben Forschungsfeldes und Jahres überdurchschnittlich häufig zitiert worden. Der grüne Kreis bildet den Median der Publikationen der Person im jeweiligen Jahr ab, die grau gestrichelte Linie den Median über den betrachteten Zeitraum hinweg. Es stehen einige Filter zur Verfügung und mittels Mouseover lässt sich jeweils die betroffene Publikation und die Zahl der Zitationen anzeigen.
Wie immer bei der Verwendung quantitativer Publikationsmetriken gilt, dass auch Beamplots nur unterstützend und kontextualisiert zur Einschätzung der wissenschaftlichen Leistung einer Person eingesetzt werden sollten. Abschließend einige Vorteile und Einschränkungen dieses Instruments:
Vorteile:
- Es gehen Zitationen der Publikation in die Darstellung ein, anstatt lediglich Zitationen des Journals in dem publiziert wurde.
- Die Darstellung ist feld-gewichtet, d.h. die jeweiligen Publikationen werden mit anderen Publikationen des Forschungsfeldes verglichen, so dass verschiedenen Zitationskulturen in unterschiedlichen Fächern Rechnung getragen werden kann.
- Die Darstellung bietet ein umfassenderes Bild als einzelne oder aggregierte Kennzahlen, in dem sich auch eine Entwicklung über Jahre hinweg abzeichnen kann und Einzelpublikationen aufgeführt sind.
Einschränkungen:
- Auch direkte Zitationszahlen und insbesondere die (suggestiven) Mediane erlauben keine unmittelbaren Schlüsse auf die Qualität der jeweiligen Publikationen oder die Gesamtleistung und müssen kritisch reflektiert werden.
- Nur bei einem vollständigen Autor*innenprofil im Web of Science und vornehmlich bei fortgeschrittenen Forschenden mit umfänglicher Publikationshistorie hilfreich.
- Die Plots geben nur Auskunft bis zum jeweils vorletzten Publikationsjahr, da Zitationszahlen vorher wenig Aussagekraft besitzen.
- Wie auch beim Impact Faktor sind die zugrunde liegenden Kennzahlen nur eingeschränkt überprüfbar und liegen in der Hand von Clarivate Analytics.